Analyse: Juristische Rahmungen

Die juristische Definition von Straftaten stellt einen grundsätzlichen gesellschaftlichen Wert dar, durch den staatliches und zivilgesellschaftliches Handeln gerahmt wird. Gleichzeitig liefern sie oft Begrifflichkeiten für den medialen und öffentlichen Diskurs, inklusive statistischer Erhebungen: Was wäre die Kriminalstatistik ohne juristische Definitionen? Welche Definition von Korruption liegt dem Korruptionsindex zu Grunde? Bei gesellschaftlich umstrittenen und brisanten Themen wie Mafien oder Nazis ist dieser Mechanismus von besonderer Bedeutung, denn auch so werden politische Diskurse oder zivilgesellschaftliche Handlungsmöglichkeiten strukturiert. Liefert z.B. die Definition von 'Organisierter Kriminalität' der deutschen Sicherheitsbehörden von Anfang der 1990er Jahre eigentlich noch hilfreiche Daten? Wie würde eine Anwendung der Definition von Mafien aus dem italienischen Strafgesetzbuch die Wahrnehmung der Realität in Deutschland ändern? Die hier gesammelten Dokumente aus Italien, Deutschland und darüber hinaus sollen gleichzeitig aktuelle Rahmungen beschreiben und Anstöße zur Diskussion sein.

Adelaide Di Nunzio Osservatorio
Adelaide Di Nunzio Osservatorio

Mafia Definitionen

Im deutschen Strafgesetzbuch gibt es keine spezifische Definition einer kriminellen Vereinigung nach Art der Mafien. Der §129 StGB definiert die Bildung krimineller Vereinigungen, der §129a StGB die Bildung terroristischer Vereinigungen. 

Im italienischen Codice Penale (Strafgesetzbuch) gibt es im Artikel 416 bis (italienische Originalversion) eine Definition der kriminellen Vereinigung nach Art der Mafien. Zentral ist der Gedanke der Einschüchterung durch die alleinige Existenz der Organisation, welche zu Unterwerfung und Schweigen (Omertà) führt, deutsche Zusammenfassung hier.

Im Artikel 2 (a) der sog. Palermo Konvention (UNO Konvention gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität) gibt es eine kurze Definition dessen, was eine organisierte kriminelle Gruppe darstellt, dreisprachiger Download hier.

Vermögensabschöpfung

Die Einziehung von Sachen und Rechten im Rahmen strafrechtlicher Prozesse sind in den Mitgliedsstaaten der EU unterschiedlich geregelt, wie aus einem Bericht an das Europaparlament zu Fragen der zivilgesellschatlichen Umnutzung eingezogener Güter aus dem Jahr 2012 hervorgeht (download hier). Im Jahr 2014 haben der Europäische Rat und das Europäische Parlament die Richtlinie 2014/42/EU über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union beschlossen, welche bis Oktober 2016 in nationales Recht umzusetzen war.

Zivilgesellschaftliche Forderungen in Deutschland

Am 5. September hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vorgelegt (BT Drucksache 18/9525). Zu diesem Entwurf haben zivilgesellschaftliche Organisationen eine Stellungnahme mit der Forderung verfasst, dass der Bundestag in dem Gesetz die Grundlage für die gemeinnützige Umnutzung eingezogener Immobilien legt.

Download der Stellungnahme hier.

Die folgenden Organisationen unterstützen die Stellungnahme:

Echolot - Projekte für demokratische Kultur, gegen Mafien e.V.

Amadeu Antonio Stiftung, www.amadeu-antonio-stiftung.de

KOK - Bundesweiter Koordinierungskries gegen Menschenhandel e.V., www.kok-gegen-menschenhandel.d...

Bundesverband Mobile Beratung e.V., www.bundesverband-mobile-berat...

Bundesverband Freie Darstellende Künste e.V., www.freie-theater.de

Mafia? Nein Danke! e.V., www.mafianeindanke.de

.lkj) Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt e.V., www.lkj-sachsen-anhalt.de

Lola für Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern e.V., www.lola-fuer-lulu.de